Auftauchender EBS.    

EAT, SLEEP, EBS, REPEAT

Draußen rauscht der Wind, die Muscheln auf der Fensterbank klappern leise zu den Wellen, die das Schiff sanft hin und her wiegen. Henry, über mir im Bett, schnarcht schon vor sich hin und ich lasse derweil die letzte Tage Revue passieren. Es ist viel passiert und die Tage verschwimmen geradezu.
Kurz zu mir, mein Name ist Andreas Kelch, ich bin Doktorand für Tiefseebiologie am Senckenberg Forschungsinstitut und Naturmuseum Frankfurt/M. Hier an Board bin ich Teil des Epibenthosschlitten (EBS) Teams. Der EBS, kurz erklärt, ist ein großer metallener Schlitten mit zwei übereinander liegenden Netzen, die während der Schlitten von dem Schiff über den Meeresboden gezogen wird, die darin, darauf und darüber lebenden Organismen fangen.

Rückblende zwei Tage zurück: Es ist Nacht kurz vor 5, eigentlich wollte ich schon seit langem schlafen, kann aber nicht und bin hellwach. Auf dem Schiff, das niemals schläft, ist immer irgendwo etwas los. Also gehe ich runter in den Hangar. Das CTD-Team ist gerade dran und wartet auf die Rückkehr ihres Gerätes aus den Tiefen des Meeres. Wir spielen Karten, damit die Zeit etwas schneller vergeht. Pünktlich zum Frühstück ist die CTD wieder im Hangar. Während die anderen wieder weiterarbeiten gehe ich zum Frühstück. Bei dem Blick aus dem Fenster der Messe denke ich mir, dass ich den Sonnenaufgang noch abwarten muss! Nach dem Frühstück gehe ich also aufs Peildeck oberhalb der Brücke und schaue der Sonne beim Aufgehen zu – es ist wunderschön! Erfüllt von der Ruhe des schönen Morgens und endlich müde geworden gehe ich jetzt ins Bett.

Als ich wieder aufwache habe ich den halben Tag geschlafen, das ist heute aber nicht schlimm denn der nächste EBS wird erst gegen 2 Uhr heute Nacht ins Wasser gehen. Heute bzw. morgen ist ein besonderer Tag, denn ich werde das erste Mal den EBS selbst „fahren“. In den letzten Wochen bin ich Nils Brenke, dem Einsatzleiter des EBS, beim Handling des EBS zur Hand gegangen und habe ihm gleichzeitig über die Schulter geschaut. Er hat mir gezeigt, wie die Schleppstrecke zu berechnen ist, welche Parameter für die Auswahl des Kurses zu beachten sind und welche Schritte während des Einsatzes zu befolgen sind. Heute ist also Generalprobe – ich bereite und berechne alles vor und Nils fährt, morgen fahre dann ich und gebe selbst die Kommandos. Der EBS geht um 2:30 Uhr nachts ins Wasser und ist knapp 5 Stunden später, um 7:45 Uhr am Morgen, wieder an Deck. Es hat heute alles geklappt, wie es soll! Der EBS war gut, es ist vergleichsweise wenig Sediment in den Netzen und dafür viele Tiere. Nur leider, auf den ersten Blick, recht wenige Isopoden (Assel Krebse, mit denen ich wissenschaftlich arbeite) an dieser Station. Müde von der langen Nacht geht es um 10 Uhr nun schnell ins Bett.

Fast Gegenwart: Jetzt wird es ernst, heute hält sich Nils im Hintergrund. Nochmal ein Blick auf die Berechnungen und ich gehe mit Nils zusammen auf die Brücke. Praktischerweise kann ich meine Berechnungen des letzten EBS Einsatzes übernehmen, da wir auf derselben Tiefe sind. Auf der Brücke, ca. 3 Stunden vor Einsatz des EBS, besprechen wir jetzt mit dem wachhabenden Offizier, welches Wetter wir haben werden und welcher Kurs für den kommenden Einsatz am günstigsten ist. Es wird sportlich werden! 7 bis 8 Windstärken sind angesagt, dazu 3 bis 4 Meter Welle. Seitens der Crew gibt es aber keine Bedenken, dass wir den Einsatz wegen des Wetters nicht durchführen könnten – also findet er statt.
Drei Stunden später, es ist 19 Uhr, geht der EBS dann zu Wasser. Es hat alles perfekt funktioniert! Ingo, der Mann an der Winde, hat den EBS geschickt zwischen zwei großen Wellen eingesetzt. Jetzt geht es wieder auf die Brücke, der Wind frischt wie vorhergesagt auf und langsam steigen die Wellen. Ich finde es einfach faszinierend, wie das FS Sonne sich stätig bei 3 Metern Welle und 7 Windstärken durch die Wellen arbeitet und ungestört seinen Kurs verfolgt! Man hört die Antriebe zwar pumpen und arbeiten, aber wir fahren schnurstracks mit konstant 1 Knoten unsere vorgegebene Strecke.
Um 0:00 Uhr steht das gesamte EBS Team in gelbem und orangenem Ölzeug angezogen auf dem Arbeitsdeck – wir erwarten den EBS zurück. Das Schiff wird etwas in den Wind gelegt, damit das Arbeitsdeck mehr von Wind und Welle abgeschirmt ist. Um 0:30 Uhr ist der EBS da. Wir sind mittlerweile gut eingespielt, sodass die Proben schnell im Labor ankommen. Anders als sonst arbeiten wir heute nicht draußen am Siebtisch, da Wind und Welle weiter zunehmen. Der EBS wird zügig sauber gemacht, „umgeparkt“ und an Deck mit Spannguten gesichert. Ich bin happy – es hat alles geklappt! Bedingt durch das Wetter kommt nach dem EBS kein weiteres Gerät mehr zum Einsatz. Früher als geplant machen wir uns nun auf den Weg zur neuen Station. Für das EBS Team bedeutet es nun Entspannung, wir haben jetzt etwas mehr als 36 Stunden Zeit bis zum nächsten Einsatz.

Es ist jetzt der darauffolgende Abend. Ein Tag ohne Einsatz auf Deck liegt hinter uns. Wir konnten etwas Entspannen, Schlaf aufholen und haben nur etwas weniger als sonst im Labor gearbeitet 😉. Ich gehe jetzt Schlafen und schnarche bestimmt in 5 Minuten mit Henry um die Wette.

Gute Nacht von der anderen Seite der Erde!

Wiederschein der aufgehenden Sonne.  
EBS ist vorbereitet an Deck und bereit zum Aussetzen.
EBS wird zu Wasser gelassen.
Der Zuglastschreiber auf der Brücke. Zu- oder Abnahme in der Zuglast  geben Aufschluss über das Verhalten des EBS am Meeresboden.
EBS Team steht am Schanzkleid und bereitet sich auf die Entgegennahme des ESB vor.
Aufgetauchter EBS, wird bei starkem Wind und Welle über das Schanzkleid gehoben.
EBS wird auf Deck gehoben und derweil von der Crew stabilisiert.